Sonntag, 30. Januar 2011

Die Konsumsteuer: Finanzierungsform einer freiheitlichen Gesellschaft – oder verkapptes neoliberales Abzock-Modell?

Die Konsumsteuer in den Focus der gegen sie erhobenen Einwände gestellt.
oder: Ein "roter Teppich" für die Linken  ;-)
von Ralph Boes                                                                
Den ganzen Text als PDF gibt es hier >>


Teil 1:
Erklärung, was Konsumsteuer ist.

Alle auf Arbeitseinkommen erhobenen Steuern, und Sozialabgaben werden, statt auf die Arbeit, auf den Konsum, wie heute schon die "Mehrwertsteuer", gelegt. D.h., statt einer größeren Anzahl "direkter" (auf Arbeitseinkommen und Betriebsgewinne erhobener) und "indirekter" (auf den Konsum erhobener) Steuern und Sozialabgaben gäbe es nur noch eine einzige Abgabe an die Gemeinschaft: Die Mehrwert- oder Konsumsteuer. Einkommen aus Arbeit wären steuerfrei, die sog. "Lohnnebenkosten" und Betriebssteuern fielen fort.


Da der gesamte Staatshaushalt und alle öffentlich getragenen sozialen Leistungen dann aus der verbleibenden Mehrwert- oder Konsumsteuer beglichen werden müsste, müssten diese dann so angehoben werden, dass alle Ausfälle auf der anderen Seite ausgeglichen werden.


Beispiel:


Die Produktion eines Konsumgutes in Deutschland koste heute z.B. 100 Euro.
Beim Verkauf werden 19% Mehrwertsteuern auf den (Netto-)Produktpreis gelegt (Bild 1).


Bild 1:


Schwarz: Produktpreis (Nettopreis)
Grau:
Mehrwertsteuer

Bild 2:


Im Produktpreis sind heute noch viele versteckte Steuern und weitere soziale Abgaben enthalten.

Bild 3:


Bei reiner Konsumbesteuerung werden alle Steuern und Abgaben erst als Mehrwertsteuer beim Kauf erhoben.
In der Produktion sind bis dahin aber schon eine Fülle von Steuern und Sozialausgaben angefallen (Lohnsteuer, Sozialversicherung, Krankenkasse, Betriebssteuern …). Diese wurden samt und sonders in den Produktpreis kalkuliert, so dass dieser von Steuern und Sozialabgaben "aufgeschwemmt" ist (Bild 2).


In Wirklichkeit fallen heute bei jedem Kauf durchschnittlich 50% Steuern und Sozialabgaben an.
[s. "Staatsquote", Anm.1]


Die im Produktpreis verschleierten Steuern und Sozialabgaben entfallen bei der reinen Konsumbesteuerung und werden wie heute die Mehrwertsteuer erst beim Kauf, bzw. beim Konsum, erhoben. (Bild3)


Die Folgen:

Staatseinkommen und Preise:
 
Um das Staatseinkommen wie heute zu erbringen, müsste die Steuerquote im Gesamtpreis ca. 50% betragen. Oder: auf den Produktpreis müssten 100% Mehrwert- oder Konsumsteuern aufgesattelt werden. Da der Produktpreis entsprechend sinkt, ändert sich der Endpreis der Produkte nicht! (Bild 3)


Auswirkungen im Innland:


-    Wer "leistet" ist von Steuern und Sozialabgaben befreit. Erst der Kunde zahlt die Steuern.
-    Arbeit wird billiger ohne dass die Löhne sinken, weil nur die bisher an Dritte abgeführten Lohnzusatzkosten entfallen.
-    Das unternehmerische Risiko sinkt ab: Die Produktionskosten können sinken. Die Lohnbuchhaltung kann vereinfacht werden.
-    Der Druck auf die Arbeitenden, das Sozialsystem zu finanzieren, entfällt: Alle Menschen zahlen durch die bei ihren Konsum anfallende Konsumsteuer gemeinsam ins Sozialsystem ein. Auch das Problem der "demographischen Entwicklung" ist gelöst.
-    Der Staat wird entlastet: Er muss nur noch die Konsum- bzw. Mehrwertsteuer kontrollieren – alle anderen Steuertatbestände - und auch Steuerschlupflöcher - fallen fort.
-    Die staatliche Überwachung der Einkommen der Bevölkerung entfällt, da es nur noch die Konsum- bzw. Mehrwertsteuer gibt.


Globale Auswirkungen:


Ausfuhr:
Durch reine Konsumbesteuerung werden die Käufer im Ausland von unseren Sozialkosten entlastet (Bild 5 statt Bild 4). Deutsche Produktion wird weltweit konkurrenzfähig sein.


Einfuhr:

 
Bild 4: Ausfuhr:
Nicht mehr so …

Bild 5:

… sondern so!

Bild 6:

Einfuhr:
Nicht mehr so…

Bild 7: 

… sondern so!
Auf die Einfuhr werden z.Zt. nur 19 % Mehrwertsteuer gelegt (Bild 6).
Wird auf sie die Konsumsteuer angewendet (in-
und ausländische Produkte werden so gleich behandelt), kommen auch die eingeführten Waren auf ein angemessenes Niveau. Die zerstörerischen Dumping-Preise fallen weg.


Staatseinkommen:
Die Steuern, die bei der Ausfuhr für unsere Gemeinschaft in wesentlich höherem Maße als heute entfallen (Bild 5 statt Bild 4), kommen durch die Einfuhr wieder herein (Bild 7 statt Bild 6). Das durch die Ausfuhr zunächst entstehende "Steuerloch" wird durch die Einfuhr wieder ausgeglichen. Der deutsche Handel ist "globalisiert".







Anm.1: Als "Staatsquote" bezeichnet man den Anteil des Einkommens, den der Staat aus den Geldläufen der Gesellschaft bezieht. Bspl: In Deutschland liegt die "Staatsquote" bei 50% - d.h. bei allem Handel gehen durchschnittlich 50% des Geldes an die Gemeinschaft und 50 % in die privaten Verfügung über.  – In anderen Ländern gelten andere Quoten.  Z.B. hat die Schweiz eine Staatsquote von 40 % - es gehen dort nur 40% an die Gemeinschaft und 60 % können privat vereinnahmt werden. In den skandinavische Ländern ist die Staatsquote 60%: 60% gehen an die Gemeinschaft und nur 40% werden "privatisiert".